22. Juli 2015

Entrümpel mich

Seit 2 Tagen habe ich das Gefühl, dass ich mich im Frühjahrsputz befinde. Ich streife durch meine Wohnung - räume alle Regale aus und finde so allerlei Dinge, die ich A) schon ganz vergessen hatte B) Staubfänger sind und vor allem C) ich einfach nicht mehr sehen will. Mittlerweile sind schon 2 große Mülltüten Richtung Container gewandert, alte Kleidung ist in die Kleiderspende gegeben worden und nach und nach sollen nun auch alle anderen Räume noch dran kommen.

Als ich dann gestern Abend gegen 23 Uhr nicht wusste, was ich mir anfangen soll, nahm ich mir meine Fotokiste vor. Früher habe ich immer total viele Fotos von allen Klassenfahrte, Feiern etc. gemacht und die dann in einer Kiste gesammelt - einige sind sogar in zwei gebastelten Fotoalben gelandet. Ich habe die Fotos angesehen und musste bei einigen echt schmunzeln - da gab es welche von Klassenfahrten der 5. oder 6. Klasse :D Daran hängen so viele Erinnerungen ... Und trotzdem habe ich auch die radikal aussortiert. Zu erst wusste ich nicht ganz, was ich damit machen soll. Aufheben und in eine andere Ecke schieben? Kaputt machen? Oder einfach wegschmeißen?

Irgendwann hab ich dann Fotos von mir über die Jahre gesehen und war echt erschrocken, wie ich damals ausgesehen habe. Fotos vom Internat mit all den Menschen, die ich teilweise heute gar nicht mehr wirklich zuordnen kann (oder will). Es ist komisch diese Bilder in der Hand zu haben auf denen man lacht und mit den Leuten zusammen ist und eigentlich genau weiß, dass in diesen Jahren die Weichen für so viel weiteren Mist gestellt wurden. Das man weiß, dass es einen danach in den Jahren nicht so wirklich gut ging - aber man trotzdem immer irgendwie weiter gemacht hat. Im Grunde genommen hatte ich ziemliches Glück, relativ glimpflich aus vielen Dingen wieder herausgestolpert zu sein. In all den vergangenen 9 Jahren war mir das nie wirklich bewusst gewesen und heute traf mich das irgendwie wie ein Blitzschlag. Ich habe heute wieder mal meine pädagogischen Skillz angewendet und einer Bekannten meine Meinung zu ihren Beziehungsproblemen geschrieben. Als ich mir das dann noch mal durchlas dachte ich: "Verdammt, genau die Worte hätte ich gerne vor all den Jahren ins Gesicht geschrien bekommen, damit ich sie höre!" Und dann fragte ich mich, warum ich all die Last immer alleine versucht habe zu tragen und nicht geredet habe. Vielleicht weil ich nicht den Mut hatte oder weil ich dachte, dass es schon irgendwie alleine zu stemmen ist, obwohl ich in meinem Umfeld und bei den Leuten die ich in den folgenden Jahren kennen lernte, real oder über das Internet, gesehen habe, wie schnell und schlimm man immer tiefer in einen Teufelskreis gezogen werden kann und manche Bekannte noch heute, noch nach sehr vielen Jahren, Hilfe benötigen und mit ihren Taten hadern. Wenn ich all das betrachte, dann wundert es mich, dass ich so "gut" davon gekommen bin. Dass es mir heute so gut geht und ich viele Dinge und Menschen auf dem Weg zurück gelassen habe. Geklammert habe ich mich dabei all die Jahre immer an die Hoffnung - die Hoffnung darauf, dass alles seinen Sinn hat, so wie es gerade passiert und die Hoffnung, dass eines Tages die Sonne die meiste Zeit scheint und all das eine Probe ist, ob man auch in schlechten Zeiten den Kopf oben halten kann. Heute kann ich mich glücklich schätzen gesund und munter hier zu sitzen - nur noch mit den täglichen "Erinnerungsstücken" und mit Gedanken, die mich ab und an erschrecken und ermahnen sollen.

Einige Fotos habe ich übrigens weggeschmissen! Manche Erinnerungen muss man einfach los lassen!

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